#38 – Tesla-Fahrer unbeliebt

Vor einiger Zeit bin ich über einen Artikel gestolpert in dem die Rede von an Autobahn-Raststätten unbeliebten Tesla-Fahrern ist. Man habe sich durch das Aufstellen von Superchargern Umsätze von Tesla-Fahrern versprochen, immerhin hätten die ja während des ladens rund 30 Minuten Zeit zu konsumieren. Ein Pächter wird zitiert mit „noch nicht ein einziges Mal hat einer von denen was bei mir gekauft“, ein anderer mit „wenn ich dürfte, ich würde diese Ladestationen heute wieder abbauen“.

Mal davon abgesehen, dass der Artikel polemisch geschrieben ist, sich der Autor offenbar keine große Mühe mit der Recherche gegeben hat und auch keinen Wert auf Details wie die Unterscheidung zwischen Raststätten und Autohöfen legt (stehen doch die Supercharger an Autohöfen und eben nicht an Raststätten), wundere ich mich kein bisschen, dass sich die Umsatzerwartungen der Autohof-Pächter und -Betreiber nicht erfüllt haben. Offensichtlich sind auch andere Leser der Meinung, dass der Artikel einiges zu Wünschen übrig lässt, bei 103 Bewertungen kommt er lediglich auf 2 von 5 Sternen. Inzwischen wurden die Bewertungen offenbar entfernt, vermutlich weil sie einfach zu schlecht waren, konsequenter wäre es gewesen den Artikel ganz zu löschen.

Klar, Zeit hat man etwas während der Akku aufgeladen wird. Das ist doch aber kein Grund sich damit abspeisen zu lassen, was die meisten Autohöfe anbieten und als „Essen“ bezeichnen. Wir (meine Frau und ich) haben es ja wirklich versucht, nach jahrelanger Autohof-, Raststätten- und Kantinenabstinenz, in den an den Supercharger-Standorten befindlichen Lokalen etwas zu essen oder wenigstens einen Kaffee zu trinken. Das Essen, meistens sogar der Kaffee, war aber leider in allen von uns angetesteten Autohöfen ungenießbar.

Auch wenn 23 Bewertungen bei Google für den namentlich im Artikel erwähnten Euro Rastpark Achern vielleicht nicht unbedingt aussagekräftig sind, wundert es mich aber auch hier nicht, dass einige Beschwerden sich auf schlechtes Essen und unzureichenden Service beziehen und der Autohof damit nur 2,4 Sterne von 5 erreicht. Vielleicht wäre es für die betreffenden Unternehmer zielführender ein bisschen an der Qualität, dem Angebot an sich und dem Service zu arbeiten, statt sich gegenseitig am Stammtisch was vorzujammern.

In einem anderen Artikel, der zufällig am gleichen Tag veröffentlicht wurde, lese ich, dass der Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG) „leichte Zweifel am Zeitalter der Elektromobilität“ äußert und er deshalb „keinen Handlungsbedarf für seine Branche“ sieht. Ahh, ok!

Auch die Politik, oder zumindest der Ministerpräsident des Autolandes Baden-Württemberg, hat nicht ansatzweise begriffen wie das laden eines Elektroautos funktioniert.

Es kommt mir so vor, dass es weder die Politik, noch die deutsche Automobil- und die dazu gehörende Versorgungsindustrie (Tankstellen, Raststätten, Autohöfe, usw.) sich ernsthaft mit dem Thema „Elektromobilität“ auseinander gesetzt hat. Man scheint immer noch zu hoffen, dass der Kelch an ihnen vorübergeht und dieser ganze Elektroautoirrsinn sich doch noch in Luft auflöst.

Es wird wohl immer noch darauf spekuliert dass Tesla endlich den Bach runter geht und mit seinem Model 3 eine ordentliche Bruchlandung hinlegt. Dann wäre erstmal wieder Ruhe, alle Beteiligten könnten weiterwurschteln, schön ihre Verbrenner weiter verhökern und sagen „wir haben’s doch die ganze Zeit gewusst, Elektro taugt nix“.

Anfang Juli war überall zu lesen und zu hören, „Tesla-Aktie bricht ein“, „Kurssturz bei Tesla“, usw.. Wo blieben aber die News nach dem Motto „Tesla-Aktie wieder erholt“, „Kursexplosion bei Tesla“, usw. nachdem sich der Kurs wieder erholt hatte? Komisch! Dass der Aktienkurs nach seinem Allzeithoch von 383 USD und den offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Massenproduktion des Model 3 aktuell um 350 USD pendelt ist auch keine Erwähnung wert.

Naja, egal, eine Kurssturz sieht jedenfalls anders aus. Einen echten Kurssturz kann man sich z.B. bei Nokia ansehen. Die Aktie des ehemaligen Handy-Marktführers ist seit der Markteinführung des iPhones 2007 von 27,50 EUR auf 1,65 EUR im Jahr 2012 gestürzt und konnte sich weder zwischenzeitlich noch anschließend nennenswert erholen. Das hatte Nokia damals hauptsächlich durch Ignoranz und Arroganz „geschafft“, indem man die Entwicklung der Mobiltelefonzukunft einfach einem neuen Mitbewerber überlassen hatte und sich von diesem, und ein paar anderen die dem Trend gefolgt sind, sehenden Auges ins nichts katapultieren ließ.

Naja, macht doch einfach alle was ihr wollt, mach ich ja schließlich auch. Wenn es dumm läuft, geraten die heute etablierten Autohersteller ins Hintertreffen und werden von neuen Firmen abgesägt. Tesla ist schon gut dabei, andere legen gerade los. Das gleiche kann auch den Tankstellen passieren wenn sie nicht aufpassen.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!

Wollen die Tankstellen es wie die Autoherstellern machen und erst dann aktiv werden wenn ein neuer Mitbewerber sie vor sich her treibt um sich dann in Ankündigungs- und Vorstellungsorgien ohne sichtbare Ergebnisse zu ergehen? Oder muss Tesla erst selbst seine eigene Tankstellenstudie in die Realität umsetzen? Immerhin macht Shell jetzt mal einen Schritt in Richtung E-Mobilität, indem sie NewMotion übernehmen (wollen), mal sehen was daraus wird.

Tankstellenpächter machen bekanntermaßen ihr Geld schon lange nicht mehr mit Treibstoff, sondern mit dem ganzen überteuerten Zeug im Tankstellenshop. Das gleiche dürfte auch für Raststätten und Autohöfe gelten. Wenn hier aber nicht mal ein bisschen an der Qualität gearbeitet wird, bleiben nur die Kunden übrig die keine Wahl oder keine Geschmacksnerven mehr haben. Es wird in Zukunft also darum gehen den Autofahrern den Aufenthalt und das konsumieren schmackhaft zu machen, sonst bleiben die natürlich lieber in ihren Autos sitzen und die Pächter auf ihrem Zeug.

Wann kommt endlich mal ein Anbieter mit einem „neuen“ Tankstellenkonzept rüber? So richtig revolutionär muss das ja gar nicht sein. Wie wäre es denn mit ein paar Ladestationen und einem angeschlossenen Gastronomiebereich, in dem die Betreiber selbst ein paar qualitativ hochwertige Angebote stellen, oder die Flächen verpachten an etablierte Ketten wie z.B. Starbucks, Vapiano, Dean & David, usw.? Eben Angebote wie es die derzeit aufstrebenden sogenannten Fast-Casual-Dining-Ketten bieten, die zunehmend den etablierten Fast-Food-Ketten Konkurrenz machen?

Kaffee? Starbucks oder wenigstens McCafe! Ich bin eigentlich kein Fan von Starbucks, aber wenigstens kann man dort den Kaffee trinken. Leider bekommt man in Deutschland bei vielen Tankstellen, Autohöfen, Raststätten, Bäckern, usw. ungenießbare Plörre als Kaffee untergejubelt, oft auch noch zu Preisen die denen bei Starbucks kaum nachstehen. Daher habe ich Starbucks zu schätzen gelernt, zwar teuer aber wenigstens genießbar! Die für mich einzige Alternative wenn ich unterwegs bin, ist McCafe, auch hier ist der Kaffee ok – aber eben nur der von McCafe, nicht der normale McDonalds-Kaffee. Bestimmt gibt es bundesweit überall Cafes die guten Kaffee verkaufen, ich habe aber keine Lust auf lange Recherchen oder Umwege nur für einen Kaffee zum mitnehmen.

Deutschland – Entwicklungsland, zumindest bei (gutem) Kaffee.

 

 

9 Gedanken zu “#38 – Tesla-Fahrer unbeliebt

  1. Sebastian sagt:

    Ich habe den gleichen Artikel gelesen und mich ähnlich aufgeregt.
    Seesen und Lauenau sind neben Allego- auch Supercharger-Standorte. Bei Beiden bin ich zwangsweise von Zeit zu Zeit zum Laden. Nicht jeder der dort läd – egal ob Tesla oder nicht – sorgt auch für Umsatz, aber etwa die Hälfte lässt dort Geld für etwas anderes als Strom.
    Shell hat gerade NewMotion gekauft. Was dabei raus kommt, muss sich noch zeigen, aber immerhin stellen sie in UK langsam an Tankstellen auch Triple-Charger auf. Tesla verkündet derweilen, man arbeite an Megacharger-Standorten mit vielen Ladeplätzen plus Gastronomie und anderem Gewerbe. Es tut sich etwas, aber vorerst wirst Du noch mit der ungenießbaren Plörre zurechtkommen müssen – oder dort Tee trinken. Dank abgepackter Teebeutel ist die Qualität meist problemlos.

  2. Norberz sagt:

    Wenn ich mein Model3 habe werde ich es ausprobieren wie es schmeckt am Autohof. Hoffe aber das Tesla selber was hochzieht wo man lecker Essen und Trinken kann ohne Abzocke.

  3. Doggda sagt:

    guter Kommentar… bin seit 3 Wochen auch mit dem Modell S unterwegs…. ernte viele dumme Kommentare.. und auch neidische Blicke….

  4. Kitefreakk sagt:

    Also gerade in Achern würde ich vor kurzem vom Pächter angefahren dass ich doch gefälligst bei ihm was zu essen kaufen sollte anstatt im gegenüberliegenden McDonalds (wollte eigentlich nur auf die Toilette und dafür keine 50ct zahlen)… Naja. Der bekommt von mir keinen Cent mehr, so etwas unverschämtes ist mir noch nicht untergekommen.

  5. Norbert Graf sagt:

    Super schön und freundlich da macht mal gerne eine Pause vielleicht komme ich ja 2019 vorbei .
    So sollte es aussehen , und nicht wie eine Imbiss Bude

  6. Werner Küstenmacher sagt:

    Super Blog! Mir geht’s wie dir: Bisher immer Mercedes. Nach 5 Jahren mit „bluetec“ (mein E 300T-Modell Hybrid hatte einen Wunder-AdBlue-Tank, der nie nachgefüllt werden musste und einen 0.8 kWh-Akku!!) reicht es mir.
    Ich habe mir immer wieder Tesla S gemietet und interessante Erfahrungen gesammelt: ZB in Schweden – SuperCharger an traumhaft schönen Orten mit allerbester Gastronomie. Auffällig, dass neben SuperChargern häufig eine Shell-Tankstelle ist. Die haben begriffen, was kommt, und der Kauf von NewMotion passt da genau rein.
    Um meckernde Raststätten- und Autohofbetreiber würde ich mir keinen Kopf machen. Manche Autohöfe verlangen solche Wucherpreise, dass mein Mitleid erstirbt. Eine Klasse für sich sind die tollen Begegnungen mit anderen Tesla- und E-Auto-Fahrern, die ich an den Ladestationen erlebt habe. Das allein wäre für mich ein Grund, einen Tesla zu kaufen. Ich warte aktuell nur auf die Preisentwicklung bei den gebrauchten. Denke, da geht noch was …

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